Den RROP-Entwurf des Landkreises bzgl. Windenergiepotenzialflächen haben viele Menschen in Mingerode und den umliegenden Gemeinden mit Sorge zur Kenntnis genommen.

Bis zum 31.07. läuft die Eingabefrist beim Landkreis. Alle bis dahin eingegangenen Eingaben werden sorgsam geprüft und falls relevant wirken diese auf die finale Ausgestaltung der Flächen ein – können auch zu einer Streichung führen.

Da uns viele Menschen um Hilfe bei ihren Eingaben gebeten haben, findet ihr im folgenden einige Textfragmente, die ihr in eurer Eingabe verwenden könnt.

Stellungnahme zum Entwurf RROP (Stand Oktober 2020)

1) Gleichbehandlungsgrundsatz

Der Landkreis hat dafür Sorge zu tragen, dass über das gesamte Kreisgebiet Ungleichheiten nicht anwachsen. Die Bürger haben einen Anspruch auf gleiche Lebensbedingungen. Die nötige Ausgewogenheit spiegelt sich im RROP Entwurf des Landkreises nicht wieder.

Das Untereichsfeld ist bereits Infrastrukturell benachteiligt im Kreisgebiet, Duderstadt das einzige Mittelzentrum ohne Gleisanschluss. Der ÖPNV in der Region ungenügend ausgebaut, wenig Kreiseigene Infrastruktur vorhanden. Durch einen massiven Ausbau von Windkraftanlagen genau in diesem Gebiet, geht die ländliche Prägung komplett verloren, ohne das die Vorteile eines Gebietes mit städtischer Prägung damit einher gingen.

Es wird empfohlen den Bürgern plausibel darzulegen, warum die weichen Kriterien des Landkreises so definiert wurden, dass viele Flächen mit großem Windpotenzial und deutlich weniger oder keiner Beeinträchtigung der Lebensqualität der Menschen entfallen mussten und die benannten Potenzialflächen um Mingerode trotz ihrer sehr geringen Windhöffigkeit zu den größten im Kreis zählen.

Das der größte Energieverbraucher, die Stadt Göttingen, im nahen Umfeld keinerlei Windenergiepotenzialflächen ausweisen möchte und damit unbelastet bleibt, ist nicht verständlich und inakzeptabel.

Als ein weiterer Kritikpunkt sei benannt, dass mehrere Flächen auf denen bereits bestehende und von den Anwohnern akzeptierte Windkraftanlagen stehen, nicht in die Windenergiepotenzialflächen integriert werden und somit ein “Repowern“ der Anlagen ausgeschlossen ist.

2) Schutz der Wohnqualität

Wohnqualität und Lebensqualität ist das verbliebene Alleinstellungsmerkmal der Region und muss nachhaltig geschützt werden. Diese sichert zum einen die Attraktivität als Lebensmittelpunkt und Heimat, zum anderen auch touristisch wichtige Einnahmen und Arbeitsplätze in der Region. Duderstadt als ohnehin strukturschwache Region muss dieses Alleinstellungsmerkmal behalten.

Durch die ausgewiesenen Potenzialflächen, wird das kleinteilige, regionstypische Landschaftsbild der goldenen Mark langfristig wesentlich verändert und weit sichtbar technisch auffällig überprägt.

Das Untereichsfeld ist überproportional betroffen. Mit dem Windpark am Höherberg sind um Mingerode 40 % der Windvorrangflächen des Landkreises vorgesehen. Viele geeignetere Flächen, wurden aufgrund weicher Kriterien ausgeschlossen. Für in Mingerode lebende Personen kann nicht hingenommen werden, die Heimat so wesentlich zu verändern, Ressourcen zu verschlingen sowie Zwangspunkte zu setzen und dabei nur größtenteils Bedarfe andernorts zu decken.

Durch die ausgewiesenen Flächen, ist die vordringliche Sichtbarkeit analog der umliegenden Ortschaften, insbesondere Germershausen, Esplingerode, Seulingen, Rollshausen und Obernfeld sowie dem Seeburger See immens. Für Mingerode aufgrund der freien Sicht auf die geplanten Flächen erschlagend. Die gesamte östliche Bebauung mit ihrer Hanglage, insbesondere auch das kürzlich erschlossene Baugebiet “Sonnenberg” sind jeweils betroffen. Hier sei darauf hingewiesen, dass der RROP-Entwurf diesen jungen Innenbereich nicht berücksichtigt.

3) Schutz des Eigentums

Nach einer Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung reduzieren Windkraftanlagen die Immobilienwerte drastisch. Bis zu 7% bei Neubauten, bis zu 23% bei älteren Gebäuden. Die Argumentation dass auch andere Faktoren, wie die demographische Entwicklung in der Region, in diese Entwicklung hineinspielen verbessert die Lage nicht. Da auch das Untereichsfeld die Herausforderungen aus dem demographischen Wandel überproportional stark bewältigen muss, kommt es hier zu einer Multiplikation negativer Faktoren. Dies führt dazu, dass privates Eigentum entwertet wird.

Der Landkreis hat hier auch auf Ausgewogenheit zu achten und sollte die Abstandsmaße zu Wohnbebauungen abhängig von der demographischen Entwicklung auf bis zu 2500 m vergrößern, um diese Multiplikationseffekte abzudämpfen.

Diejenigen die in unserer Gesellschaft am schwächsten sind werden auch durch die zu geringen Abstandsmaße zur Wohnbebauung benachteiligt. Oft leben diese Menschen in älteren Häusern, welche am meisten an Wert verlieren. Außerdem sind sie oft beruflich eher lokal gebunden und können nicht ohne weiteres den Wohnort wechseln. Auch hier hat der Landkreis eine besondere Fürsorgepflicht.

4) Dezentralität

Dezentrale Energieversorgung muss auch dezentral bedeuten. Auf die kleinste Einheit heruntergebrachten sollten Kommunen verpflichtet werden ihre Energieversorgung selbst zu sichern. Für die Stadt Duderstadt bedeutet dies, dass 3-4 Windkraftanlagen die Stadt und Dörfer überversorgen. Daneben stehen Biogas, Photovoltaik und Wasserkraft als weitere Energieträger.

Wenn Windenergie nicht möglich oder gewollt ist, sollten auch andere erneuerbare Energieträger zum Ausgleich der Energiebilanz akzeptiert werden. Z.B. könnte in der Stadt Göttingen PV Pflicht auf Industriehallen helfen, wenn keine entsprechenden Windenergiepotenzialflächen ausgewiesen werden sollen.

5) bedrängende Wirkung

Durch die ausgewiesenen Windenergiepotenzialflächen entsteht für Mingerode eine bedrängende Wirkung. Hier fallen die Potenzialflächen Duderstadt 01, Duderstadt 03 und Gieboldehausen-Duderstadt 01 gleichsam ins Gewicht und müssen alle zusammen betrachtet werden.

Im Weiteren bleibt festzuhalten, dass man bereits heute an einigen Stellen in Mingerode 25 Windkraftanlagen beobachten kann. Es gibt wenige Orte im Landkreis die das von sich behaupten können.

Im Umkreis von 9-11 Kilometern befinden sich circa zwei Dutzend Windkraftanlagen. Die Festlegungen im RROP öffnen den Raum um mindestens genau so viele Windkraftanlagen innerhalb von 4 Kilometern um Mingerode zu errichten.

6) Naherholung

Mit den Gebieten Loh, Hämelei und Kirchtal/Kirchholz sind die drei Gebiete stark belastet, die von den Mingerödern hauptsächlich zur Naherholung genutzt werden.

Das Lohholz als historischer Mischwald inkl. Vorbehaltsgebiet ist neben einer Fläche mit Naherholungscharakter auch kulturelles Sachgut.

Die Hämelei ist Teil des geplantes Wasserschutzgebietes Obernfeld (Vorranggebiete Trinkwassergewinnung Zone III im Entwurf ohne Relevanz, Schutzzone I und II schließen Windenergieanlagen aus), Windkraftanlagen benötigen Fundamente und Zufahrtsstraßen für schwere Lastkraftwagen. Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind nicht ausgeschlossen. Im Anbetracht der Klimakrise ist das Schutzgut Trinkwasser höher zu bewerten als die Energieversorgung.

Während auf den Tourismusstandort Sielmannstiftung besondere Rücksicht genommen wird, werden Mingerode die direkten Naherholungsflächen genommen.

7) Artenschutz

Die bevorzugten Flächen sind sehr stark frequentiert durch den Rotmilan, der einem besonderen Schutz unterliegt und durch Windenergieanlagen besonders gefährdet ist. Dem entsprechend besteht ein hohes artenschutzrechtliches Konfliktpotenzial. Die herangezogene Horstkartierung ist nicht aktuell oder unvollständig. Der Milan ist im Ortsbild täglich präsent, die Population um Mingerode in den letzten Jahren stark angewachsen.

Die Clusterbildung von einigen Horsten auf Basis alter Daten ist nicht nachvollziehbar. Einige Horste sind nicht qualitativer als andere. Im schlimmsten Fall werden auf alten Daten falsche, für den Milan fatale Entscheidungen getroffen. Diese Clusterung steht nicht im Einklang mit den Empfehlungen im Helgoländer Papier.

Der EuGH hat sich am 04.03.2021 mit dem Urteil EuGH C‐473/19 und C‐474/19 gegen den Populationsschutz und für den Schutz des Individuums entschieden. Dieses Urteil ist entsprechend zu würdigen.

Vielmehr bleibt festzuhalten: Die Flächen liegen in einem niedersächsischen Rotmilan- Schwerpunktvorkommen und betrifft darüber hinaus ein regionales Dichtezentrum innerhalb des Schwerpunktvorkommens. Im 4km Prüfradius um die geplante Fläche ist die Zahl der Rotmilanhorste so groß, dass das Vorhabengebiet als Dichtezentrum bzw. Schwerpunktvorkommen anzusehen ist.

Weitere bedrohte Vögel (Schwarzstorch, Greifvögel, Rephühner) kommen auf dem Gebiet der Potentialflächen und/oder im angrenzenden Vogelschutzgebiet V19 vor. Die geplanten Potenzialflächen liegen genau im Nah- und Einflugbereich der Vögel. Damit stehen diese Flächen den Vorschriften des Habitatschutzrechtes entgegen.

Auch das geschützte Mausohr und weitere Fledermausarten haben ihre Jagdreviere in den o.g. Potenzialflächen und würden durch eine Bebauung mit Windkraftanlagen einem erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt.

8) Belastung durch Infraschall

Störungen durch Schall und Schattenwurf sind in Entfernung bis 1.500 m nicht von vornherein ausgeschlossen. Der Schattenwurf führt in den Abendstunden in Mingerode zu Beeinträchtigungen. Neben den Immissionsbelastungen für die gesamte Ortslage werden hier auch gesundheitliche Probleme durch Infraschall gesehen.

9) Entwicklungsmöglichkeiten

Durch den geringen Abstand beschränken die Potenzialflächen die Entwicklung Mingerodes mindestens an 2 Seiten. Die Ortsentwicklung hängt bereits jetzt stark von Vorgaben des Immissions-, des Wasser- sowie des Naturschutzes ab. Die Vorranggebiete Windenergie würden den Ortsteil nahezu einschnüren und planerische Möglichkeiten auf Null reduzieren.

10) Windhöffigkeit

Der Landkreis Göttingen ist ein Schwachwindgebiet. Selbst durch statisch kaum höher herstellbare Windenergieanlagen ist ein effizienter Betrieb fraglich. Jedoch ist es auch so, dass bestehende Windenergieanlagen in der Region regelmäßig Stillstandszeiten aufgrund eines fehlenden Verbrauchs verzeichnen, das den Bedarf der Planfestlegungen in Frage stellt. Damit wird deutlich, dass die Netzinfrastruktur mangelhaft ist und Speicherkapazitäten nicht gegeben sind. Weitere industrielle Eingriffe in das Landschaftsbild der Region sind deshalb wahrscheinlich.

Achtung:

Alternativ können die Eingaben bis zum 25.07. bei Lars Kilian, Am Knick 8 abgegeben werden – zur fristgerechten Zuleitung an den Landkreis.